Thema: Computerspiele und Gewalt

Das Thema Medien und Gewalt - ohnehin ein Dauerbrenner der Medienwirkungsforschung - sorgt seit Littleton (1999) und Erfurt (2002) für neue Auseinandersetzungen. Beide Namen stehen für Bluttaten von Schülern in ihrer Schule mit mehr als fünfzehn Todesopfern - sorgfältig vorbereitet und in der Ausführung bis ins Detail den Computerspielen ähnlich, die bei den Tätern gefunden wurden. Politik und Öffentlichkeit diskutieren vor diesem Hintergrund den Zusammenhang von virtueller und realer Gewalt und fordern Verschärfungen der gesetzlichen Regelungen für Internet und digitale Medien, die teilweise in die Neufassung des Jugendschutzgesetzes Eingang gefunden haben. Die Novellierung ist zusammen mit dem neuen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag seit dem 1. April 2003 in Kraft.

Dabei, wen könnte es wundern, sind die Meinungen unterschiedlich. Während der Leiter des renommierten Kriminologischen Forschungsinstitutes Niedersachsen, Prof. Christian Pfeiffer, von "Killerspielen als computergesteuerten Enthemmungsmaschinen" (Neue Presse Hannover , 23. Mai 2002) spricht und die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung am 28. April 2002 mit "Software fürs Massaker" titelt, wird an anderer Stelle der "berufsqualifizierende" Charakter von Ego-Shootern wie Counterstrike hervorgehoben:
"Die von aufrechter, aber oftmals kenntnisfreier Empörung getragene Konzentration auf das inkriminierte Sujet solcher Spiele - virtuelle Tötungsszenarien aus der Perspektive des Schützen - verstellt den Blick auf die Medienrevolution, die mit diesen Spielen in Kinder- und Jugendzimmer Einzug gehalten hat. Denn diese Spiele sind der Vorschein auf die Welt der Arbeit von morgen. Mit ihnen lernen Kinder und Jugendliche - ob es uns gefällt oder nicht - kooperativ in vernetzten Systemen nicht nur vorgegebene Aufgabenstellungen zu lösen, sondern auch, sich eigene auszudenken. Die globale Werkbank des Computerzeitalters lässt grüßen. Ego-Shooter-Spiele sind Lernspiele für die Welt von morgen" (Ulrich Clauss in Die Welt vom 12. Juni 2002).

Und in der Tat wurden schon die ersten Head-Hunter der IT-Industrie auf LAN-Parties gesichtet, bei denen hunderte Rechner zum virtuellen Kampf zusammengeschlossen werden: Wer diese anspruchsvolle Vernetzungsleistung vollbringt, ist auch für die Einrichtung des Local Area Network einer Firma oder Verwaltung gut.

Währenddessen redet die Spieler-Szene vom friedlichen und rein sportiven Charakter ihres Tuns: Zu große Detailnähe und Pixel-Blut würden schon zugunsten größerer Rechnergeschwindigkeit vermieden, und beim Fußball oder auf Rock-Konzerten sei allemal mehr Aggressivität anzutreffen. Mit Sorge wurde einer Entscheidung der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien vom 16. Mai 2002 zur Indizierung von Counterstrike entgegengesehen. Die Bundesprüfstelle ging die Angelegenheit gründlich an: An vierzehn vernetzten Rechnern konnten die Gutachter in die Rolle von Terroristen oder Geiseln schlüpfen. Und, einmalig in der langen Geschichte der BPjS: Jugendliche Gamer wurden als geladene Experten in der Sache gehört. Entgegen vieler Erwartungen wurde CS - im Gegensatz zu hunderten gewalthaltiger Computerspiele wie Doom oder Soldier of Fortune - nicht als jugendgefährdend indiziert.

Im folgenden sind Links zu Online-Beiträgen und Materialien gesammelt, die einen Überblick der laufenden Diskussion zu Medien und Gewalt und den "Folgen von Erfurt" geben. Über Ergänzungen und Kritik freut sich

Redaktion: Michael Pechel pechel@nils.nibis.de

 

Buchtipps:

 

Klicken zum Vergrößern: Digital spielen - real morden?

Rainer Fromm
Digital spielen - real morden? Shooter, Clans und Fragger
Computerspiele in der Jugendszene

Marburg: Schüren, 2002

 

Klicken zum Vergrößern: Virtuelle Welten - reale Gewalt

Florian Rötzer (Hrsg.)
Virtuelle Welten - reale Gewalt
Hannover: Verlag Heinz Heise, 2003

 

Johannes Fromme/Norbert Meder/Nikolaus Vollmer:
Computerspiele in der Kinderkultur
Leverkusen: Leske + Budrich, 2000

 

Links:

 

Logo BPB

Die Bundeszentrale für politische Bildung bietet zahlreiche Materialien zu den Themen "Medien und Gewalt" und "Computerspiele", darunter::

 

Logo Politische Bildung

Politische Bildung - Das Informations-Portal zur politischen Bildung ist eine gemeinsame Seite der Bundeszentrale und der Landeszentralen für politische Bildung. Sie bietet:

 

Logo Lehrer Online

Themen bei Lehrer-Online:

 

Logo jugendschutz.net

jugendschutz.net ist die Einrichtung der Bundesländer für Jugendschutz in den neuen Informations- und Kommunikationsdiensten (Multimedia, Internet)

 

Logo Landesstelle

Bei der Landesstelle Kinder- und Jugendschutz Sachsen-Anhalt e.V. unter "Arbeitsergebnisse" ein nützlicher Online-Text zu LAN-Partys (PDF)

 

Logo USK

Internetseite der freiwilligen Selbstkontrolle der Unterhaltungssoftware-Wirtschaft USK, die interaktive Medien, speziell Computer- und Videospiele, prüft und mit Altersfreigaben versieht:

 

Logo Archiv der Jugendkulturen

Archiv der Jugendkulturen (Hrsg.): Der Amoklauf von Erfurt, erschienen: April 2003

 

Logo Computerspiele Museum

Das Computerspiele Museum Berlin

 

Logo N 21

n-21 bietet unter Online-Materialien und Publikationen den Download der thematischen Reihe “Medien und Gewalt - ist Gewalt (v)erlernbar?”

Die Materialien sind das Ergebnis eines Kooperationsprojekts des NLI und der Niedersächsischen Landesmedienanstalt für privaten Rundfunk (NLM). Die Printversion ist beim NLI zu bestellen (6 Broschüren im Schuber).

 

Logo Multimedia Projekt

Computerspiele in der Kinder- und Jugendarbeit eines Berliner Projektes:

 

Logo  medien praktisch

Wolfgang Fehr und Jürgen Fritz in Medien praktisch:

 

Logo

Das Portal Mediengewalt.de ist eine umfangreiche kommentierte Linksammlung zu den Bereichen:

 

Logo

mediaculture special: Alles nur ein Spiel? Fachtag "Computerspiele - Jungen - Gewalt"
Dazu in der Bibliothek aktuelle Literatur zum Thema

 

Logo learnline

Arbeitsbereich "Computerspiele" auf der Seite des Landesinstituts für Schule und Weiterbildung NRW:

 

Logo

Gymnasialpädagogische Materialstelle der Evang.-Luth. Kirche in Bayern:

 

Logo

In der Computerzeitschrift c't des Heise-Verlages, Hannover, der Beitrag:

 

Logo Telepolis

Im Special "Games" oder nach der Eingabe "Computerspiele" in der Suchfunktion des Online-Magazin Telepolis - Magazin der Netzkultur finden Sie mehr als 200 Beiträge zu den Themen Netzfreiheit, Jugendmedienschutz, Wirkung von Computerspielen, z.B:

 

Logo

Links zu Dokumentationen der ARD-Senderfamilie, u.a.:

 

Logo

tagesschau.de Statements und Analysen nach dem Amoklauf , u.a.:

 

Logo 3sat

3sat online über den Siegeszug der Computerspiele-Industrie:

 

Logo

Unter ZDF Politik & Zeitgeschehen die Dokumentation der Sendung Gewalt ohne Grenzen. Brutale Computerspiele im Kinderzimmer
Kritisch dazu golem.de: Killerspiele? Frontal21-Bericht macht Spieler aggressiv

 

Logo

Auf schule@ndr.de der Beitrag einer Gymnasialklasse: Computer - Freund oder Feind? und weitere Materialien

 

Logo WDR5

Kinderseite Lilipuz auf WDR 5:

 

Logo

Die Welt der Medienangebote wird größer und komplexer, so dass Eltern und Pädagogen leicht den Überblick verlieren können. Das Info-Portal Medienmami.de von Studierenden der Universität Ulm setzt hier an und bewertet Computerspiele, Fernsehsendungen, Lernprogramme, Bücher, Filme usw.

 

Logo FAZ

Informationsportal der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu Computerspielen und LAN-Szene:

 

Logo

Beiträge in DIE ZEIT zur Gamer-Szene und Gewalt an Schulen:

 

Logo KFN

Beiträge des Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen KFN zu Gewalt und Prävention:

 

Logo LJS

Broschüren der Landesstelle Jugendschutz Niedersachsen zu den Themen Kinder und Internet sowie Kinder und Computerspiele:


Michael Pechel pechel@nils.nibis.de
16. März 2006

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